„Biodiversität und Management von Agrarlandschaften“
Akademien fordern schnelles Handeln zum Schutz und zur Erhöhung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft.
In ihrer Stellungnahme zeigen Leopoldina, Acatech und die Akademienunion auf, wie die Biodiversität erhalten und gefördert werden kann:
Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese ML, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt, Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie, Universität Freiburg und Prof. Dr. Wolfgang Wägele, Zoologisches Forschungsmuseum Alexander König, Bonn leiten die Arbeitsgruppe „Biodiversität in der Agrarlandschaft“. Damit haben sie an der Veröffentlichung „Biodiversität und Management von Agrarlandschaften“ ganz wesentlich mit gearbeitet. Das Papier wurde jetzt veröffentlicht.
Die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft ist in Deutschland in den letzten Jahren, selbst in Naturschutzgebieten, stark zurückgegangen. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme „Biodiversität und Management von Agrarlandschaften” geben die deutschen Wissenschaftsakademien Empfehlungen in acht Handlungsfeldern. Sie benennen den Schutz der Artenvielfalt als eine dringende und komplexe Herausforderung. Es bedürfe eines gesamtgesellschaftlichen Wandels hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Wichtig sei es, dabei die ökonomischen, politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft zu berücksichtigen. Daher empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine systemische Herangehensweise mit vielfältigen, parallelen Lösungsansätzen. Der wichtigsten Ansatzpunkte seien die Subventionszahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP). Diese sollten zukünftig stärker an tatsächlich erbrachte und messbare Ökosystemleistungen geknüpft werden.
Die Stellungnahme zeigt Handlungsoptionen in acht Bereichen auf:
1. Weiterentwicklung der Agrar- und Umweltpolitik auf europäischer und nationaler Ebene: Die Akademien empfehlen unter anderem eine engere Kopplung von Agrar- und Umweltpolitik. GAP-Förderinstrumente sollten sich auf zielorientierte Maßnahmen fokussieren und Subventionszahlungen an die Landwirtschaft an erbrachte und messbare Ökosystemleistungen geknüpft werden.
2. Anpassung des Agrar- und Umweltrechts: Die Schaffung eines EU-Landwirtschaftsgesetzes würde die Umweltschutzvorschriften für die Betriebe rechtlich verankern und gleichzeitig Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU vermeiden. Bestehende Rechtsvorschriften sollten konsequenter vollzogen werden.
3. Entwicklung von planungsbasierten, regional differenzierten und gemeinschaftlichen Ansätzen: Ziel solcher Anpassungen in der Landschaftsplanung sei eine geänderte Landnutzung in enger Zusammenarbeit aller Beteiligten Akteurinnen und Akteure. Dabei sollte ein Teil der zur Verfügung stehenden Flächen zukünftig entweder aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen oder deutlich weniger intensiv genutzt werden.
4. Verantwortung der Kommunen: Als sichtbare Vorreiter und Multiplikatoren sollten sie sich stärker dafür einsetzen, die biologische Vielfalt auf ihren Flächen zu erhalten, zu pflegen und zu erhöhen.
5. Einfluss durch Handel und Märkte: Produkte aus regionaler biodiversitätsfreundlicher Produktion sollten im Handel entsprechend gekennzeichnet werden. Zudem müsse die Infrastruktur verbessert werden, um regionale landwirtschaftliche Produkte lokal weiterverarbeiten zu können. Darüber hinaus gelte es, Lebensmittelverluste zu verringern.
6. Unterstützung von landwirtschaftlichen Betrieben: Für landwirtschaftliche Betriebe muss biodiversitätsfreundliche Produktion wirtschaftlich attraktiv sein. Sie sollten bei der Umsetzung entsprechender Bewirtschaftungsmethoden sowie bei Investitionen in innerbetrieblichen Naturschutz unterstützt werden. Neben dem ökologischen Landbau sollten innovative Konzepte für den integrierten Anbau ausgebaut und kontinuierlich weiterentwickelt werden.
7. Veränderung der gesellschaftlichen Wahrnehmung und Wertschätzung: Das Bewusstsein für die Bedeutung biologischer Vielfalt in der Agrarlandschaft sollte grundlegend gestärkt werden und müsse sich auch in einem geänderten Konsumverhalten zeigen. Besonders wichtig sei es, die Bereitschaft zum Kauf biodiversitätsfreundlicher Produkte zu erhöhen und den Fleischkonsum zu reduzieren.
8. Ausbau von Monitoring und Forschung: Es brauche ein langfristiges, bundesweites und standardisiertes Monitoring sowie Forschung, um die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt überprüfen sowie ein breites und repräsentatives Spektrum an Arten und Lebensräumen dokumentieren zu können.
Die Stellungnahme kann man hier als pdf Datei herunter laden.
Informationen zur gesamten Arbeitsgruppe finden Sie hier: https://www.leopoldina.org/politikberatung/arbeitsgruppen/biodiversitaet...
Begleitend zur Stellungnahme stellt die Leopoldina ein digitales Dossier zur Verfügung, das das Thema anschaulich und interaktiv aufbereitet: http://interaktiv.leopoldina.org/artenvielfalt