Das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels

ist ein Forschungsmuseum der Leibniz Gemeinschaft

Geschichte

Historische Informationen über die Bibliothek sind im Archiv des Museums so gut wie nicht zu finden, da die historische Betrachtung sehr stark an den wissenschaftlichen Abteilungen und ihren Sammlungen orientiert gewesen ist. Überschneidungen mit der Darstellung der allgemeinen Institutsgeschichte sind daher unvermeidlich. Fest steht jedoch, dass die Bibliothek aus der Privatbibliothek des Museumsgründers, Alexander Koenig, entstanden ist. Seine umfangreiche Sammelleidenschaft erstreckte sich nicht nur auf Vogelbälge und sonstige Tierpräparate, die er von seinen Forschungsreisen nach Afrika, den Kanarischen Inseln und dem Polarmeer mitbrachte, sondern auch auf die wissenschaftliche Literatur seiner Zeit. Nach dem Tode seines vermögenden Vaters Leopold 1903 konnte er seine beträchtlichen finanziellen Mittel auch für den antiquarischen Ankauf grundlegender systematisch-zoologischer Literatur einsetzen. So ist das älteste sich im Besitz des Museums befindende Werk der Vogelband der Historia Animalium (Allgemeines Thierbuch) von Konrad Gesner aus dem Jahre 1557. Ein kurzer Gang durch die RARA-Abteilung zeigt sehr schnell, wie wertvoll diese frühe Sammlungswut für die Bibliothek gewesen ist. Die damals noch verhältnismäßig günstigen Werke sind mit heutigen Etats nicht mehr zu erwerben.

Um seine umfangreichen Sammlungs- und Literaturbestände unterbringen zu können, begann Alexander Koenig am 3. September 1913 mit dem Bau seines naturkundlichen Museums. Nach über 20 Jahren Bauzeit, in die ein Weltkrieg, Besatzung und Weltwirtschaftskrise fielen, konnte er 1934 sein Zoologisches Forschungsinstitut und Museum schließlich eröffnen. Dieses Datum kann somit wohl auch als offizielle Geburtsstunde der Bibliothek angesehen werden. Die Literaturbestände wurden zunächst zum größten Teil im großzügigen Arbeitszimmer Alexander Koenigs, der sogenannten Ornithologischen Prachtbibliothek, untergebracht.

Nach dem Krieg ging das Museum in die Trägerschaft des Landes Nordrhein-Westfalen über, und die Bibliothek wurde mit einem Bibliotheksetat ausgestattet. Obwohl diese Haushaltsmittel bescheiden ausfielen - eine Situation, an der sich bis heute nicht viel geändert hat - wuchs die Bibliothek durch den Erwerb von Nachlässen - vor allem auch aus dem eigenen Haus - weiter kontinuierlich an. Wichtige Nachlässe bzw. Ankäufe geschlossener Sammlungen namhafter Zoologen waren z. B. die Bibliotheken von Günther und Jochen Niethammer, E. G. Franz Saur, Hans Wolters und Martin Eisentraut, um nur die wichtigsten zu nennen. Hinzu kam, dass das Restvermögen der Familie Koenig in eine Stiftung Alexander Koenig floss, die die Bibliothek seit vielen Jahren mit bedeutenden Summen für den Literaturankauf unterstützt hat.

Als hinderlich für eine noch günstigere Entwicklung erwies sich jedoch das Fehlen einer bibliothekarischen Fachkraft und die ungenügende Raumausstattung. So wurden alle bibliothekarischen Angelegenheiten über fast 25 Jahre hinweg nebenamtlich von wissenschaftlichen Mitarbeitern mit höchst unterschiedlichen Auffassungen und Interessen behandelt. Die Bestände waren inzwischen zum überwiegenden Teil völlig unzureichend - da aus Platzgründen auf mehrere Räume verteilt - untergebracht. Diese Zersplitterung nach räumlichen, aber auch nach fachlichen Gesichtspunkten, führte zu der bis heute erhalten gebliebenen Organisationsstruktur. Die Hauptbibliothek - untergebracht im zweiten Obergeschoss des Hauptgebäudes - ist hierbei die zentrale Dienstleistungseinrichtung für insgesamt neun dezentrale Abteilungs- und Sektionsbibliotheken.

Ende der sechziger Jahre wurde zumindest im Personalbereich ein erster Erfolg erzielt. Im Januar 1971 trat die erste hauptamtliche Bibliothekarin ihren Dienst an - ein deutliches Indiz für den enormen Bestandszuwachs, der nun nicht mehr nebenamtlich durch die wissenschaftlichen Abteilungen verwaltet werden konnte. Neben der Professionalisierung des Geschäftsganges und der Erarbeitung einer Aufstellungssystematik für die Hauptbibliothek widmete sich das Bibliothekspersonal - eine weitere Assistentenstelle wurde bald danach eingerichtet- vor allem dem Aufbau des Alphabetischen Zettelkataloges.

Mit der Computerisierung des Museums Ende der 80er Jahre setzte eine neue Ära für die Bibliothek ein. Die Entscheidung für das Bibliotheks-Informationssystem CDS/ISIS und der Einsatz von zwei ABM-Kräften zu Beginn der 90er Jahre ermöglichten die Konversion des konventionellen Zettelkataloges in einen EDV-gestützten Online-Katalog. Eine für alle zukünftigen Entwicklungen wesentliche Voraussetzung war damit erbracht.

Seit den Zeiten Alexander Koenigs hat sich vieles geändert. Der Wert von Informationen (nirgendwo deutlicher zu Tage tretend als im Bereich der "scientific community ") hat zwar keine Änderung erfahren; die Möglichkeiten sie zu finden, zu bewerten und zugänglich zu machen, unterliegen jedoch angesichts der neuen Informationsmedien dramatischen Veränderungen. Wissenschaftliche Spezialbibliotheken müssen diese Entwicklung nachvollziehen und neue Formen von Informationen nutzerorientiert und effizient bereitstellen. In Anlehnung an das von Bibliothekaren entwickelte Modell der Electronic Library entstand in der ZFMK-Fachbibliothek das Konzept: "Die Bibliothek des ZFMK: Eine Forschungsbibliothek auf dem Weg zur Electronic Library." Die ZFMK- Bibliothek des 21. Jahrhunderts wird - in Widerspiegelung des Leitmotivs Alexander Koenigs, wonach das Museum der Wissenschaft und einer interessierten Öffentlichkeit gleichermaßen verpflichtet sein sollte - einen erweiterten elektronischen und in Teilen auch digitalen Zugang zu ihren Informationsspeichern ermöglichen.

Eine wichtige Initialzündung für dieses Projekt war 1996 die Entscheidung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die Bibliothek als Forschungsbibliothek von herausragender Bedeutung in ihr Förderprogramm für Spezialbibliotheken aufzunehmen. Schwerpunkt dieser Unterstützung war bis 2001 der Ausbau der ornithologischen Teilbibliothek.

Dieses ehrgeizige Projekt setzt die vollständige Netzwerkfähigkeit, d. h. die Anbindung eines hauseigenen Netzwerkes (LAN) an die Internet-Funktionalität - ein wesentliches Merkmal der Electronic Library - voraus. Nach längeren Vorarbeiten erfolgte schließlich 1997 die Inbetriebnahme des Local Area Network am ZFMK. Die wissenschaftlichen Abteilungen und externen Besucher erhielten damit zunächst die Möglichkeit, vom Arbeitsplatz bzw. von einem Bibliotheksrechner aus Recherchen in den Katalogen (Monographien, Sonderdrucke, Zeitschriften als Testversion) der Bibliothek durchzuführen.

Aber auch die elektronische Bibliothek kann noch nicht verhindern, dass Bibliotheken unter Platz- und Raumproblemen zu leiden haben. Trotz der Ansätze einer virtuellen Bibliothek im ZFMK haben in der Vergangenheit höchst reale Raumnöte die skizzierte positive Entwicklung beeinträchtigt. Denn ähnlich, wie vor fast einem Jahrhundert in dem jungen Alexander Koenig der schließlich auch realisierte Plan reifte, ein Museum zur Unterbringung seiner Sammlungen zu bauen (eine vom Vater zur Verfügung gestellte Abstellkammer im Gewächshaus der heutigen Villa Hammerschmidt wurde sehr schnell zu klein), hat auch das ZFMK einen Ersatz- und Erweiterungsbau - den Clas-M.-Naumann-Bau - erhalten, in dem auch die Bibliothek 2006 ein neues Domizil gefunden hat.

Als Resümee kann man festhalten, dass sich die Bibliothek zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiter auf dem Weg von einer traditionellen zu einer elektronischen bzw. in Ansätzen digitalen Bibliothek befindet. (Fortsetzung folgt)