Schmetterlingsbeobachtungen über 200 Jahre: Die Relevanz von Zeitreihen in der Naturschutzbiologie
Naturschutz befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen objektiven, naturwissenschaftlichen Evidenzen und subjektiver Prioritätensetzung. Jedoch zeigen zahlreiche Beispiele, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Naturschutzmaßnahmen effektiver gestalten können.
In diesem Vortrag werden auf Grundlage wissenschaftlicher Studien zwei zentrale Fragen bearbeitet: Wie können wir seltene Arten effizient schützen? Und, welche Arten sollen im Fokus des Naturschutzes stehen? Ein Großteil der aktuell ausgewählten, naturschutzrelevanten Arten existiert in kleinen, geographisch isolierten Reliktpopulationen über Mitteleuropa, während sich ihr Hauptverbreitungsgebiet östlich der EU befindet.
Solche Arten sollten von eher untergeordneter Naturschutzrelevanz sein, auch wenn sie uns wegen ihrer Seltenheit als besonders schützenswert erscheinen. Langzeitbeobachtungen zeigen, dass trotz des Natura 2000 Schutzgebietsnetzes, das auf eine räumliche Verknüpfung von Habitaten abzielt, ein rascher Verlust von Habitatspezialisten und standorttreuen Arten stattfindet, verbunden mit einer Abnahme der Gleichverteilung von Arten und einer Dominanz mesophiler Habitatgeneralisten.
Grund hierfür könnten stochastische Effekte sein, die besonders in stark fragmentierten Lebensräumen zu lokalen Aussterbereignessen führen, und schließlich zu einer Ausdünnung von Arten. Ausgedehnte Korridore entlang von bereits bestehenden linearen Strukturen würden ein Überleben auch in einer intensiv genutzten Landschaft mittel- bis langfristig sicherstellen.