Wir freuen uns sehr, dass Herr Dr. Hermann Josef Roth die Patenschaft für den Hoatzin übernommen hat.
Der Hoatzin (Opisthocomus hoazin), oder auch Stinkvogel genannt, ist ein etwa 70 cm großer Vogel und die einzige Art in seiner Familie Opisthocomidae. Er kommt in der nördlichen Hälfte von Südamerika, zwischen den Anden und der Atlantikküste vor.
Das äußere Erscheinungsbild des Hoatzins ist unverwechselbar. Er besitzt einen langen und breiten Schwanz, einen relativ langen Hals und einen kleinen Kopf. Das Gefieder der Oberseite ist dunkelbraun während die Flügel und die Bauchpartie rotbraun gefärbt sind. Der Hals sowie die Brust sind beige. Besonders auffallend ist der kleine Kopf mit den leuchtend roten Augen, die von einem federlosen und blau gefärbten Bereich umschlossen werden. Auf dem Kopf besitzt der Hoatzin außerdem eine dünne, bis zu 8 cm lange Federhaube die meistens aufgestellt ist.
Den Lebensraum des Hoatzins bilden tropische Regenwälder im Amazonas und Orinoco Gebiet, in unmittelbarer Nähe zu Flüssen und Strömen. Hier verbringt er die meiste Zeit in dichter Vegetation direkt über dem Wasser. Dabei spielt es keine Rolle ob es sich um Süß- Salz- oder Brackwasser handelt. Der Hoatzin ernährt sich ausschließlich vegetarisch, hauptsächlich von Blättern und Knospen. In der jeweiligen Jahreszeit ergänzt er seine Ernährung auch mit Blüten und Früchten. Bis heute sind etwa 50 verschiedene Pflanzenarten bekannt von denen sich der Hoatzin ernährt, manche davon sind für andere Tiere toxisch.
Die Brutzeit des Hoatzins korreliert mit der Regenzeit im Amazonas Gebiet. Das Nest wird in dichtem Gestrüpp direkt über dem Wasser, aus trockenen Zweigen errichtet. Dabei helfen dem brütenden Pärchen oft die Jungtiere aus den Jahren zuvor. Das Weibchen legt zwischen 2 und 4 Eier, die von allen Gruppenmitgliedern etwa 30 Tage bebrütet werden. Die Jungtiere verlassen nach 2-3 Wochen das erste Mal das Nest und sind nach etwa 60 Tagen flügge. In dieser Zeit sind sie in der Lage, sich durch einen Sprung ins Wasser vor möglichen Fressfeinden zu schützen. Mit zunehmendem Alter verlieren die Jungen die Fähigkeit zu Schwimmen und wieder zurück auf die Bäume zu klettern.
Der Hoatzin weist zwei besondere Eigenschaften auf, die einzigartig unter den heute lebenden Vögeln sind. Zum einen besitzen die Jungtiere bis sie adult sind jeweils zwei Krallen an jedem Flügel, die sie zum Klettern und Greifen nutzen können nachdem sie z.B. vor einem Feind ins Wasser geflüchtet sind. Dadurch wird der Hoatzin oft mit dem Urvogel Archaeopteryx in Verbindung gebracht, der drei Krallen an jedem Flügel besaß. Zum anderen ist der Hoatzin der einzige Vogel auf der Erde, bei dem die Verdauung hauptsächlich im Vorderdarm statt im Magen abläuft. Ähnlich wie bei den Wiederkäuern. Der Vorderdarm kann wenn er gefüllt ist bis zu 25 % des Gesamtgewichts des Vogels ausmachen. Ihn ihm sorgen vor allem Bakterien und andere Mikroorganismen für die Zersetzung des Pflanzenmaterials, zu der der Hoatzin selbst nicht fähig wäre. Sein umgangssprachlicher Name „Stinkvogel“ rührt wahrscheinlich von dem Geruch den diese Bakterien bei der Fermentation erzeugen. Als Konsequenz für den enorm vergrößerten Vorderdarm wurde das Brustbein und damit die Flugmuskulatur stark reduziert, um Platz zu schaffen. Dadurch kann der Hoatzin nur sehr schlecht fliegen und überbrückt maximal eine Strecke von 350 m pro Flug. Außerdem geht mit der Vergrößerung des Vorderdarms auch eine Verlagerung des Schwerpunktes einher. Deshalb nutzen erwachsene Hoatzins ihre Beine kaum zum laufen oder Klettern, sondern kriechen eher durch das Geäst.
All diese Besonderheiten sind der Grund dafür, dass die Verwandschaftsbeziehung des Hoatzins bis heute noch nicht endgültig geklärt ist und er als einzige Art seiner Gattung bzw. Familie angesehen wird. Es ist anzunehmen, dass sich der Hoatzin schon sehr früh in der Erdgeschichte von den anderen Vögeln abgespalten hat und deshalb all diese besonderen Eigenschaften aufweist.
Aufgrund seines extrem großen Verbreitungsgebiets in Amazonien, ist der Bestand des Hoatzins bis heute noch nicht gefährdet. Die größte Gefahr für ihn besteht in der Abholzung des Regenwaldes. Durch seine geringe Flugfähigkeit ist der nicht in der Lage in unberührte Gebiete zu flüchten. Nach neuesten Schätzungen wird alle 20 Jahre ein Fünftel seines bevorzugten Lebensraums vernichtet. Dadurch wird sich die Anzahl von frei lebenden Exemplaren bis zum Jahr 2036 um etwa 25 % verringern.